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Private Steuern

Müssen Abfindungen versteuert werden?

Immer noch spukt in den Köpfen vieler Betroffener die Idee herum, eine vom Arbeitgeber gezahlte Abfindung könne steuerfrei vereinnahmt werden. Diese mit Übergangsregelungen bis Ende 2007 geltende Regelung existiert nicht mehr. Jede Abfindung ist zunächst einmal in vollem Umfang steuerpflichtiges Einkommen.

Immer noch spukt in den Köpfen vieler Betroffener die Idee herum, eine vom Arbeitgeber gezahlte Abfindung könne steuerfrei vereinnahmt werden. Diese mit Übergangsregelungen bis Ende 2007 geltende Regelung existiert nicht mehr. Jede Abfindung ist zunächst einmal in vollem Umfang steuerpflichtiges Einkommen.

Progressive Einkommenssteuer

Denken wir uns Max Abfindikus aus, er ist ledig, hat keine Kinder. Er verdient als Angestellter 30.000 € brutto. Seine persönlichen Freibeträge bleiben in den folgenden Berechnung unbeachtet. Seine Einkommenssteuer beträgt 5.601 € zzgl. Soli in Höhe von 308 € (sämtliche Werte gerundet). Sein Einkommen wird damit durchschnittlich mit 19,7% versteuert.

Ein Jahr später ist Herr Abfindikus Abteilungsleiter und verdient nun 34.000 € brutto. Seine Einkommenssteuer beträgt dann 6.899 € zzgl. 379 € Soli. Der Durchschnittssteuersatz beträgt dann 21,4%.

Das sieht auf den ersten Blick gar nicht dramatisch aus. Wenn wir uns nun aber nur die Steuer für den Mehrverdienst in Höhe von 4.000 € ansehen, wird der Begriff „progressive Einkommenssteuer“ deutlich. Die zusätzliche Steuer in Höhe von 1.369 € (davon 1.298 € Einkommenssteuer und 71 € Soli) bedeutet , dass 34,2% seines Mehrverdienstes an den Fiskus abgeführt werden.

Abfindung erhöht zu versteuerndes Einkommen

Eine mögliche Abfindung erhöht das zu versteuernde Einkommen genauso wie eine Gehaltserhöhung. Im Vergleich zum normalen Steuersatz wird die Abfindung demnach ebenfalls deutlich höher besteuert.

Schauen wir uns wieder Max Abfindikus an. Sein Arbeitgeber verlagert die Produktion ins Ausland und bietet ihm eine Abfindung von vier Monatsgehältern in Höhe von insgesamt 12.000 € an. Seine Einkommenssteuer beträgt dann im Jahr der Abfindung 11.850 (Einkommensteuer inkl. Soli). Der Durchschnittssteuersatz beträgt damit 25,8%.

Ein Blick auf die isolierte Abfindungszahlung zeigt, dass die zusätzliche Steuer in Höhe von 4.572 € seine Abfindung um gut 38% mindert.

Ausweg Fünftelregelung

Doch es gibt einen Ausweg, die starke Steuerprogression zu vermeiden. Die sogenannte Fünftelregelung kann unter bestimmten Voraussetzungen die Besteuerung abmildern. Um in den genuss der Fünftelregelung zu kommen, müssen einige formale Hürden genommen werden. Die wichtigste ist die sog. Zusammenballung der Einkünfte: eine Abfindung, die über mehrere Jahre hinweg gezahlt wird (oder auch nur im Dezember sowie Januar des Folgejahres) kann nicht unter Zuhilfenahme der Fünftelregelung versteuert werden. Außerdem muss es sich um eine Kompensation für entgangene Leistungen und Rechte handeln.

Sind alle Voraussetzungen für die Fünftelregleung erfüllt, ergibt sich folgender Gestaltungsspielraum: der Abfindungsbetrag wird zunächst gefünftelt. Die darauf entfallende Steuer wird anschließend wieder mit fünf multipliziert.

Für Max Abfindikus bedeutet das Folgendes: ein Fünftel seiner Abfindung sind 2.400 €. Die fiktive zusätzliche Steuer auf ein Mehreinkommen von 2.400 € betrügen 858 €. Die fiktive Steuer wird nun mit 5 multipliziert und ergibt dann 4.290 € als tatsächlich zu zahlende Steuer auf den Abfindungsbetrag. Die Abfindung wird somit mit 36% besteuert. Seine Ersparnis beträgt dann 282 €.

Steuerliche Gestaltung im Abfindungsjahr

Da das Zuflussprinzip gilt, spielt die Höhe des zu versteuernden Einkommens im Jahr der Abfindung eine große Rolle. Eine Verringerung des zu versteuernden Einkommens, wirkt sich überproportional auf die Besteuerung der Abfindung aus.

Beispiel: Verschiebung ins nächste Jahr

Herr Abfindikus arbeitet noch bis zum März des Folgejahres (zu versteuerndes Einkommen 8.500 €) und erhält erst dann seine Abfindung von 12.000 €. Da er dann in den Ruhestand geht und Rentenzahlungen noch nicht voll besteuert werden, beträgt sein zu versteuerndes Einkommen von April bis Dezember nur 10.700 €.

Die Einkommensteuer auf die Abfindung beträgt dann 3.439 €, also nur noch knapp 29%.

Beispiel: Start in die Selbständigkeit

Herr Abfindikus beendet seine Angestelltendasein im September (zu versteuerndes Einkommen 25.500 €) und startet im Jahr der Abfindung eine selbständige Tätigkeit. Durch Anfangsverluste und Investitionen in den eigenen Betrieb in Höhe von 15.000 € reduziert sich sein zu versteuerndes Einkommen auf 10.500 €.

Die Einkommensteuer auf die Abfindung beträgt dann 2.480 €, also nur noch knapp 21%.

Beispiel Abschluss einer Basis- oder Rüruprente

Herr Abfindikus investiert 12.000 € in eine Basisrente. Diese Form der Altersvorsorge ist steuerlich in Höhe von 76% (Stand 2013) abzugsfähig. Das zu versteuernde Einkommen beträgt dann vor Erhalt der Abfindung 24.880 €.

Infolgedessen beläuft sich die Einkommensteuer auf die Abfindung auf 3.760 € und somit gut 31% der Abfindung.

Es ist auch möglich, mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zu kombinieren. So kann die Besteuerung der Abfindung reduziert und ggf. sogar auf Null reduziert werden.

 

Wichtiger Hinweis:

Die hierin geäußerten Überlegungen und Berechnungen sind als anschauliche Beispiele konstruiert. Der Beitrag dient lediglich Informationszwecken. Die steuerlichen Berechnungen entsprechen den aktuellen gesetzlichen Bedingungen. Es handelt sich jedoch nicht um Empfehlungen, bestimmte Maßnahmen in der geschilderten Weise umzusetzen. Wir empfehlen Ihnen vor Erhalt Ihrer Abfindung Ihren Steuerberater zu konsultieren.

Von Johannes Zeyse

2010 habe ich zusammen mit Ákos Benkö Claritos gegründet, um Klarheit ins Thema Finanzen und Versicherungen für unsere Kunden zu bringen. Mein fachliches Interesse gilt insbesondere dem Thema faire Produkte und nachhaltige Geldanlage. 2015 habe ich mich als Generationberater (IHK) qualifiziert, um meinen Kunden eine adäquate Begleitung in Sachen Ruhestands- und Nachfolgeplanung zu ermöglichen.

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