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Warum alternde Gesellschaften innovativ sein können

Die alternde Gesellschaft es sicherlich eine große Herausforderung in den kommenden Jahrzehnten. Die derzeitigen politischen Diskussionen zeigen bereits, dass die Versorgung zukünftiger Rentner nicht einfach zu lösen sein wird.

Dieser Artikel basiert auf dem Buch „Wirtschaftsirrtümer“ von Henrik Müller. Der Untertitel lautet: 50 Denkfehler, die uns Kopf und Kragen kosten. Das Buch ist 2014 im Campus Verlag erschienen. dieser Blogbeitrag widmet sich dem Kapitel / Irrtum 7: alternde Gesellschaften können nicht mehr innovativ sein.

Müller beginnt sein Beitrag mit einem entwaffneten Argument: wenn es denn stimmte, dass junge Gesellschaften einen Wettbewerbsvorteil durch ihre Innovationskraft hätten, dann müsste Malawi eines der wohlhabendsten und erfindungsreichsten Länder dieser Welt sein, da das mittlere Alter dort bei 17 Jahren liegt. Dieses Argument ist natürlich nicht ganz zulässig, denn außer dem Alter einer Gesellschaft spielen gewiss auch andere Faktoren eine Rolle bei der Innovationskraft einer Volkswirtschaft. dennoch beinhaltet dieser Hinweis zumindest einen Aha-Moment. Müller führt dann auch ein Innovationsranking auf, in dem die Top 5 aus den Ländern Schweiz, Finnland, Japan, Deutschland und Schweden bestehen.

Überzeugend fand ich dann die folgenden Argumente:

  1. Um eine Innovation Kraft zu erreichen ist es erforderlich, wissen und Erfahrungen anzusammeln. Nur dann können Anforderungen durchdacht und mögliche Löten neue Lösungen gefunden werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Land mit einer geringen Lebenserwartung hier Nachteile hat, und die Länder in denen Menschen älter werden im Vorteil sind.
  2. Für Innovationskraft ist es erforderlich, dass die Volkswirtschaft insgesamt ein gutes Einkommensniveau erreicht hat, und zwar nicht nur für einzelne, sondern für eine breite Schicht. Dies ermöglicht es vielen Menschen, ihre Energie und ihren Wissensdrang zur Lösung ungelöster Probleme zu verwenden.
  3. Es muss eine funktionierende Verwaltung geben, die das Land ordnet, Steuern erhebt, öffentliche Aufgaben erfüllt und so ein allgemeines Zufriedenheitsniveau herstellt.

Abschließend stellt Müller vier Wege zur Erhaltung der Innovationskraft alternder Gesellschaften vor.

  1. Da ist zunächst der Aufruf, länger zu arbeiten. Dieses Argument ist nicht von Hand zu weisen, sofern man von den körperlich Tätigen einmal absieht. In der Dienstleistungsgesellschaft sollte es möglich sein, das Erwerbsleben auch über das 67. Lebensjahr hinaus aktiv zu gestalten, ob in Teil minus oder Vollzeit sei einmal dahingestellt. Durch die gestiegene Lebenserwartung und die weiter steigende Lebenserwartung (jedes Jahr verlängert sich die durchschnittliche Lebenserwartung um einen Monat) verlängert sich der Ruhestand. Ja, wollen wir denn alle als Kreuzfahrer zur See fahren? Wollen wir alle in Florida an unserem Handikap arbeiten?
  2. Müller fordert uns auf „fluide Intelligenz“ möglichst lange zu erhalten unter diesem Begriff subsumieren Psychologen die Fähigkeit zum Erkennen von Mustern und abstrakt zu denken. Mit dieser Fähigkeit lassen sich Probleme lösen. Gleichzeitig lässt sich durch Training die Fähigkeit bis ins hohe Alter erhalten.
  3. Müller nennt Japan als negatives Beispiel für eine sich abschotten der Gesellschaft. Er fordert im Gegenteil eine produktive und gesunde Zuwanderung, die für Unruhe, Bewegung und Reibung sorgt.
  4. Die letzte Aufforderung schließt an Punkt 1 an: wir sollen die Roboter ausbeuten. Die alternde Gesellschaft kann die Dinge, die sie körperlich nicht mehr lösen kann zumindest teilweise delegieren. Unterstützung im Haushalt, bei der Pflege und für die alltäglichen Dinge sind sicherlich in vielen Bereichen nur eine Frage der Zeit.

Die alternde Gesellschaft es sicherlich eine große Herausforderung in den kommenden Jahrzehnten. Die derzeitigen politischen Diskussionen zeigen bereits, dass die Versorgung zukünftiger Rentner nicht einfach zu lösen sein wird. Auf der einen Seite können wir erwarten, dass zukünftig viele Menschen mit ihren Renteneinkünften nicht über die Runden kommen werden. Man denke nur an die ungezählten Paketfahrer oder Menschen im Niedriglohnsektor. Eine vernünftige Lohnpolitik kann hier sicherlich zu Verbesserungen führen, wird aber keine vollständige Lösung darstellen. Die Aufbesserung geringer Renten durch staatliche Mittel hat ebenfalls seine Grenzen. Hier ringen die Parteien derzeit um neue Lösungen mit ungewissem Ausgang.

Warum also nicht darüber nachdenken, den Renteneintritt auch in Zukunft weiter um einen Monat pro Jahr nach hinten zu verschieben? Für diejenigen, denen das körperlich nicht zuzumuten ist, sollten Auffanglösungen bzw. Regelungen zu einem Frühruhestand geschaffen werden. Dies sollte aber die Ausnahme bleiben. Ein Rentensystem, das die zunehmende Lebenserwartung in Form eines späteren Renteneintritts berücksichtigt, reduziert das Gießkannenprinzip und konzentriert die Hilfe für diejenigen, die es wirklich brauchen.

Von Johannes Zeyse

2010 habe ich zusammen mit Ákos Benkö Claritos gegründet, um Klarheit ins Thema Finanzen und Versicherungen für unsere Kunden zu bringen. Mein fachliches Interesse gilt insbesondere dem Thema faire Produkte und nachhaltige Geldanlage. 2015 habe ich mich als Generationberater (IHK) qualifiziert, um meinen Kunden eine adäquate Begleitung in Sachen Ruhestands- und Nachfolgeplanung zu ermöglichen.

2 Antworten auf „Warum alternde Gesellschaften innovativ sein können“

Lieber Herr Zeyse,
vielen Dank für diesen Beitrag – mal etwas anderes als der Rente-ab-40-Trend. Was halten Sie davon, diese Regelungen auch auf Beamte auszudehnen? Viele andere können einfach weiterarbeiten, aber Lehrer werden derzeit ja praktisch in den Ruhestand gezwungen.

Liebe Grüße
Felix von der AdPoint GmbH

Moin Felix,
vielen Dank für Ihre Anregung. Nicht nur Beamte werden in den Ruhestand gezwungen, leider ist es auch für Angestellte so, dass das Weiterarbeiten nach dem 66. Lebensjahr finanziell nicht sehr attraktiv ist. Arbeit nur als Erwerbsarbeit zu denken, greift zu kurz. Es gibt viele Möglichkeiten sich zu engagieren: als Mentor in einem Startup oder bei einer Nonprofit-Organisation oder, oder, oder… Arbeit ist eigentlich genug vorhanden.
Ihr Johannes Zeyse

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