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Unisex – bald sind Frauen und Männer gleich

Ab Ende 2012 dürfen Versicherer in ihren Tarifen nicht länger nach dem Geschlecht unterscheiden. Wir geben Ihnen einen ersten Überblick zu den Auswirkungen in der Versicherungsbranche.

Männer und Frauen sind doch gleich – zumindest in der Kalkulation neuer Versicherungstarife. Vor einem Jahr hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Versicherer ab Ende 2012 nicht länger nach Geschlecht unterschiedliche Beiträge verlangen dürfen. Bislang haben deutsche Versicherungsunternehmen in vielen Sparten für Männer und Frauen getrennt kalkuliert. Noch müssen Frauen wegen ihrer längeren Lebenserwartung für eine private Rentenversicherung mehr zahlen als ein gleichaltriger Mann. In der Autoversicherung hingegen sind Frauen bislang noch im Vorteil. Sie verursachen weniger Schäden und zahlen deshalb geringere Prämien. Damit ist ab dem 21. Dezember 2012 Schluss.

Viele Versicherer haderten mit der EuGHEntscheidung. Aus ihrer Sicht hat sich das Geschlecht gerade für Personenversicherungen über Jahrzehnte als bedarfsgerechtes Kalkulationsmerkmal erwiesen. Bis zur Umstellung auf geschlechtsneutrale Tarife (Unisex) sind jetzt vor allem die Versicherungsmathematiker gefordert. Sie müssen berechnen, was es kostet, wenn Frauen und Männer für den gleichen Beitrag auch die gleiche Leistung erhalten. Das ist gar nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht. Werden sich in Zukunft zum Beispiel mehr Frauen für eine Rentenversicherung entscheiden? Dann wird es teurer für die Assekuranz. Sie garantiert einmal zugesagte Renten lebenslang, und Frauen leben nun einmal länger. Deshalb werden die neuen Tarife voraussichtlich sehr vorsichtig kalkuliert.

Wie sehen die Auswirkungen im Detail aus? Noch liegen nur wenige Zahlen vor, aber erste Trends zeichnen sich ab. Sie unterscheiden sich je nach Art der Vorsorge.

  • Altersvorsorge – private lebenslange Rentenversicherungen werden für Männer teurer. Für den gleichen Beitrag erhalten sie in Zukunft eine niedrigere garantierte Rente.
  • Invaliditätsvorsorge – Frauen haben statistisch ein höheres Risiko, ihren Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben zu können. Höhere Beiträge als für ihre männlichen Kollegen waren die Folge. In Zukunft zahlen sie im Vergleich weniger und Männer mehr. Versicherer werden aber weiterhin nach Berufsgruppen differenzieren.
  • Hinterbliebenenvorsorge und Kreditabsicherung – Männer sterben früher als Frauen, ihr statistisches Todesfallrisiko ist also größer. Bislang wurde das in der Beitragskalkulation einer Risikolebensversicherung berücksichtigt und Männer mussten mehr für die gleiche Leistung berappen. Das ändert sich, die Beiträge für Frauen werden steigen.
  • Private Krankenvollversicherung – noch sind Tarife für Frauen teurer. Insbesondere die längere Lebenserwartung schlägt hier zu Buche. Allerdings gilt das nicht für alle Altersgruppen. So ist das Krankheitsrisiko bei Männern jenseits der 50 höher als von Frauen. Dies führt dazu, dass sich die Beiträge bei höheren Eintrittsaltern annähern. In Zukunft werden sie unabhängig vom Geschlecht identisch sein. Für männliche Versicherte führt dies zu höheren Beiträgen.
  • Autoversicherung – der Beitrag für Frauen wird geringfügig steigen, der für Männer leicht sinken. Anders gesagt: Vorsichtig fahrende Frauen müssen in Zukunft für risikobereitere männliche Fahrer mitzahlen.

Unsere Prognosen gelten nur für Verträge, die ab dem 21.12.2012 abgeschlossen werden. Auf bestehende Verträge hat Unisex keine Auswirkungen – jedenfalls bislang nicht. Ganz ausgeschlossen ist aber auch das nicht. Das zuständige Bundesministerium für Finanzen sieht die Möglichkeit einer Ausnahme für den Fall, dass „hinreichende gewichtige Gründe“ vorlägen.

Was ist zu tun? Für Männer kann es sich lohnen, eine Kranken- oder Rentenversicherung oder den Schutz bei Berufsunfähigkeit noch vor dem 21.12.2012 abzuschließen. Frauen hingegen profitieren in diesen Sparten von Unisex-Tarifen. Aber keine Regel ohne Ausnahme: nicht allein der Termin ist ausschlaggebend. Es kommt auch darauf an, sich für den bedarfsgerechten Schutz und einen leistungsstarken Versicherer zu entscheiden. Denn Qualitätsunterschiede unter den Anbietern wird es auch nach Einführung der neuen Tarife geben. Wir beraten Sie zum besten Zeitpunkt für den Abschluss eines neuen Vertrages und unterstützen Sie bei Ihrer Auswahl.

Hinweis der Redaktion: im zweiten Halbjahr 2012 informieren wir Sie ganz aktuell und zeigen Ihnen konkrete Vergleichszahlen zu den Auswirkungen der neuen Unisex-Tarife.

Von Achim Schön

Knapp 20 Jahre Erfahrung in der unabhängigen Finanzberatung, davon 6 in leitender Position mit Personalverantwortung zeichnen Achim Schön aus. Er verfügt über wertvolle Kontakte zu in- und ausländischen Banken, Privatinvestoren und Venture-Capital-Gesellschaften. Sein Schwerpunkt ist die langfristig orientierte strategische Kundenberatung.

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