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claritos Kapitalmarktbericht Q1.2022

Das erste Quartal 2022 hat beachtliche Turbulenzen auf unterschiedlichsten Ebenen mit sich gebracht. Die regelbasierte Ordnung hat enormen Schaden genommen. Der 24. Februar ist das Datum, das die Welt veränderte.

24. Februar – ein Datum, das die Welt verändert

Das erste Quartal 2022 war zweigeteilt. Zu Jahresbeginn dominierte Zuversicht. Der DAX markierte mit 16.271 Punkten am 4. Januar einen historischen Höchstkurs. Ab Februar wurden die geopolitischen Risiken des sich zuspitzenden Russland Konflikts bewertet. Der Beginn des Krieges in der Ukraine am 24. Februar 2022 wirkte als Katalysator eines grundsätzlich negativen Sentiments. In der Folge kam es zu einem Tiefstkurs des DAX am 8. März bei 12.831 Punkten und einer markanten Abnahme der Zuversicht in der Realwirtschaft, bei Verbrauchern und Finanzmarktteilnehmern. Dabei spielten die Aspekte Versorgungssicherheit im Rohstoffsektor und Anstieg der Preisinflation als auch damit assoziierte Zinserhöhungen prominente Rollen. Im weiteren Verlauf des Quartals kam es zu einer Stabilisierung an Aktienmärkten, jedoch nicht in der Realwirtschaft und an den Zinsmärkten, die auf Hoffnungen diplomatischer Lösungen basieren. Das Thema Corona-Viren spielte im Quartal eine untergeordnete Rolle.

macht.

Marktüberblick20223 Jahre5 Jahre
DAX 40– 9,3 %7,7 %3,2 %
S&P 500– 2,6 %18,7 %14,5 %
DJ Euro Stoxx 50– 8,9 %7,5 %4,6 %
EUR / US$– 2,5 %– 1,2 %4,0 %
Erdöl (Brent)38,7 %57,8 %104,3 %
Gold6,3 %50,5 %55,7 %
Stand: 31.03.2022 (Quelle: Argentos)

Europa Verlierer der Krise

In der aktuellen geopolitischen Krise war und ist die Ukraine der größte Verlierer. Menschenleben gingen und gehen verloren, Strukturen wurden und werden zerstört, Perspektivlosigkeit ist ausgeprägt. Russland zahlt im Hinblick auf die Folgen der westlichen Sanktionspolitik einen hohen Preis: die BIP-Schätzung der Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung für Russland liegt 2022 bei -10%. Die Eurozone und die EU sind die am drittstärksten Betroffenen. Zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Artikels ist das Ausmaß der makroökonomischen Schäden hinsichtlich der geopolitischen Unwägbarkeiten bezüglich der Versorgungssicherheit (Verfügbarkeit und Lieferketten), der Teilung der Welt (Deglobalisierung) und der Preisentwicklung nicht vollständig abschätzbar. Zuletzt nahmen die deutschen Verbraucherpreise im Jahresvergleich um mehr als 7% zu. Damit wurde der höchste Anstieg seit 1981 markiert. Insbesondere für Europa ist der 24. Februar ein Datum, das die Welt veränderte. Die Risikocluster für die wirtschaftliche Entwicklung haben so stark wie nie zuvor in der Nachkriegsgeschichte zugenommen.

Ins Auge gefasste staatliche Interventionen und Subventionen können in Teilen stabilisierend wirken, jedoch die Schäden nicht neutralisieren. Als Konsequenz der Interventionen und Subventionen werden bei ohnehin prekären Haushaltslagen weiter hohe Staatsdefizite notwendig sein.

Anders als in den USA und dem UK, wo es zu Zinserhöhungen kam, steht dieses Thema in der Eurozone voraussichtlich erst im vierten Quartal 2022 an. Die Kapitalmärkte haben aber bereits reagiert. So legte der Zins der 10-jährigen Bundesanleihe von circa -0,18% auf aktuell +0,58% zu. Der Preis der Defizitpolitik in den öffentlichen europäischen Haushalten erhöht sich entsprechend. Der 24. Februar erodierte die Stabilität Europas massiv. Die Kunst der Diplomatie entscheidet über den weiteren Verlauf der Wirtschaft und der Märkte.

USA – In Teilen Gewinner der Krise

Die Vereinigten Staaten waren und sind in Teilen Gewinner der Krise. Geopolitisch hat sich der Westen in einer vor Monaten noch kaum vorstellbaren Solidarität hinter der Krisenführung der USA versammelt. Auch sind die USA geografisch von dieser Krise nicht betroffen.

Messbar war das unter anderem an dem Anstieg des US-$ gegenüber anderen Währungen in der Eskalationsphase der Krise. Derzeit wird dieser Anstieg des US-$ an den Devisenmärkten in Teilen korrigiert.

Das von den USA initiierte Sanktionsregime gegenüber Moskau beinhaltet mittelfristig Risiken. So warnte der IWF am 31. März, dass es zu Fragmentierungen des globalen Finanzsystems durch kleinere Währungsblöcke kommen könne, die die Rolle des US-$ als Leitwährung verwässern könnten. Wirtschaftlich bot und bietet sich gegenüber Europa ein differenziertes Bild. Das Thema Energie belastet nicht vergleichbar zu Europa, da die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Der Preisanstieg der fossilen Brennstoffträger hat jedoch eine belastende Wirkung auf die US-Gesamtwirtschaft.

Nicht abschätzbar sind derzeit die negativen Folgen bei anderen Rohstoffen für die USA (seltene Erden, Nickel etc.).  Die Wiederbewaffnung der Welt nützt darüber hinaus der US-Wirtschaft.

Vor diesem Hintergrund einer minderen Belastung der US-Wirtschaft hat die Federal Reserve erwartungsgemäß den Leitzins im 1. Quartal 2022 um 0,25% angehoben und weitere Zinserhöhungen in Aussicht gestellt.  

Schwellenländer gehen eigenen Weg

Die Dynamikverluste der Weltwirtschaft wirkten und wirken sich in den Schwellenländern belastend aus.

Die für die Weltwirtschaft bedeutenden Länder halten sich weitgehend aus der Ukraine-Krise heraus. So nehmen folgende Länder an den westlichen Sanktionspolitiken nicht teil: Türkei, Israel, Libanon, Syrien (Öl/Gas), Irak (Öl/Gas), Iran (Öl/Gas), Saudi-Arabien (Öl, Gas) Emirate (Öl, Gas), Pakistan, Indien, China, Vietnam, Argentinien (Agrarrohstoffe), Brasilien (Agrarrohstoffe, Erze), Venezuela (Öl, Gas), Mexiko (Öl, Gas), aber auch Nicaragua und Panama, um einige aufzuführen.

Für Nichtteilnehmer an den Sanktionen ergibt sich nicht nur ein soliderer Zugang zu Rohstoffen, sondern auch die Chance auf Preisabschläge gegenüber Weltmarktpreisen (China, Indien).

Gegen den Trend der westlichen Zentralbankpolitik senkte Chinas Notenbank den Leitzins im Januar von 3,80% auf 3,70%. China wirkte damit auf die asiatische Region stabilisierend.

Märkte: Geopolitik bestimmte und bestimmt

Die Märkte bewegten sich in der Taktung der Geopolitik.

Aktienmärkte verloren nach guten Jahresstart an Boden, um sich im Zuge der diplomatischen Bemühungen zu stabilisieren. Der DAX markierte mit 16.271 Punkten am 4. Januar einen historischen Höchstkurs. Der Tiefstkurs des DAX lag am 8. März bei 12.831 Punkten. Aktuell notiert der DAX um 14.550 Punkte.

Die Zinsen zogen an den Kapitalmärkten an. So legte die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe vom Jahresbeginn bei -0,18 auf derzeit +0,58% zu. Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe stieg in dem identischen Zeitraum von 1,51% auf 2,32%.

Der Ölpreis (Brent) stieg seit Jahresanfang von 79 US-$ in der Spitze bis auf 129 US-$ (9, März), um aktuell bei 107 US-$ zu notieren.

Die Entwicklung der Geopolitik wird weiter primär die Märkte bestimmen.

Fazit

Das erste Quartal 2022 hat beachtliche Turbulenzen auf unterschiedlichsten Ebenen mit sich gebracht. Die regelbasierte Ordnung hat enormen Schaden genommen. Die regelbasierte Ordnung ist Grundlage des globalen Wirtschaftsverkehrs als auch der internationalen Politik. Das erodierte Vertrauen in das System hat strukturellen Schaden ausgelöst, der das Vertrauen in das System belastet. Die daraus mittel- und langfristigen Folgen werden nicht nur konjunkturell markant sein. Neue Strukturen werden sich in der Politik, der Finanz- als auch in der Realwirtschaft aus dieser Not heraus etablieren. Diese Veränderungen werden die Charakteristika einer multilateralen Ordnung sein, die zu Lasten der jetzt dominanten Ordnung gehen. Der 24. Februar ist das Datum, das die Welt veränderte.   


Haftungsausschluss

Der Claritos Quartalsbericht stellt keine Kaufaufforderung dar. Wir weisen darauf hin, dass wir vor einem Kauf in jedem Fall die Teilnahme an einer Beratung empfehlen, die Ihre Anlegerinteressen analysiert, auf mögliche Risiken hinweisen wird, und aus der eine fundierte Produktempfehlung folgt.

Von Johannes Zeyse

2010 habe ich zusammen mit Ákos Benkö Claritos gegründet, um Klarheit ins Thema Finanzen und Versicherungen für unsere Kunden zu bringen. Mein fachliches Interesse gilt insbesondere dem Thema faire Produkte und nachhaltige Geldanlage. 2015 habe ich mich als Generationberater (IHK) qualifiziert, um meinen Kunden eine adäquate Begleitung in Sachen Ruhestands- und Nachfolgeplanung zu ermöglichen.

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